Wir drehen den Spiess mal um. Was ist wichtig, wenn man in die Schweiz auswandert?

Das wichtigste zu Versicherungen, Steuern, Altersvorsorge, Auto, Recycling und der Arbeitswelt in der Schweiz.

Freitag, 06. September 2019

Wir sind uns viel mit dem Thema auswandern und den wichtigsten Themen darum am Beschäftigen. Statt jetzt einmal über diese Themen in Kanada zu sprechen, wollen wir mal über die Schweiz reden. Wir haben einmal die wichtigsten Punkte zusammengetragen und hoffen sie helfen jemandem der z.B. in die Schweiz auswandern möchte. ;-)

Um das System der Schweiz zu verstehen, muss man wiesen wie sie aufgebaut ist. Alles in der Schweiz funktioniert nach den drei Ebenen: Staat (Bund), Kantone und Gemeinden.

Versicherungen

Die Krankenkasse ist privat geregelt. Jedoch ist die Grundversicherung Pflicht. Daher muss jede Versicherung einen annehmen und grundversichern. Es gibt aber noch unzählige Zusatzversicherungen wie z.B. Zahnversicherung, alternativ Medizin, Brillen, etc. die auf freiwilliger Basis abgeschlossen werden können. Bei diesen darf die Versicherung einen ablehnen und sagen, dass man bei ihr keine Zusatzversicherung erhält. Bei der Krankenkasse kann ein Selbstbehalt (Franchise) zwischen 300 - 2500 CHF gewählt werden. z.B. ich wähle die Franchise 2500 bedeutet ich bezahle weniger Krankenkasse monatlich, aber alle Arztkosten die über das Jahr anfallen muss ich bis zum Gesamtbetrag von 2500 CHF selber bezahlen. Erst wenn ich diese 2500 pro Jahr überschreite, zahlt die Krankenkasse meine Gesundheitskosten. Der "Zähler" beginnt jedes Jahr wieder bei 0.

Die Unfallversicherung wird meistens über den Arbeitgeber abgeschlossen, falls nicht (z.B. weil man keine Festanstellung hat), muss das privat bei der Krankenkasse abgeschlossen werden.

Hausratversicherung ist in den meisten Kantonen nicht Pflicht. Ausser in einem Mietvertrag wird eine solche vorgeschrieben.

Bei der Haftpflichtversicherung gibt es viele verschiedene. Die Haftpflichtversicherung für das Auto ist Pflicht. Ohne eine solche, erhält man keine Nummer fürs Auto. Sonst können noch viele freiwillige Haftpflichtversicherungen abgeschlossen werden. Zum Beispiel wenn man Tiere hat oder für die Wohnung bzw. das Haus z.B. der Freund kommt zu Besuch, der Eingangsbereich ist vereist, er rutscht aus und verletzt sich. Seine Kosten würden dann von der Haftpflichtversicherung bezahlt werden. Natürlich abhängig davon, was man versichert hat.

Bei allen Versicherungen ist es wichtig sich genau zu informieren und darauf zu achten was man versichert hat und was nicht. Leider kommt man da nicht darum herum, das Kleingedruckte zu lesen.

Steuern

Leider muss man auch in der Schweiz Steuern bezahlen. Es gibt drei Ebenen die Steuern erheben, abgerechnet wird aber in zwei Steuerrechnungen. Die Bundessteuer ist eine Rechnung und auf der anderen ist die Kantonssteuer und Gemeindesteuer. In der Schweiz hat man keinen Abzug vom Lohn für die Steuern, sondern man füllt anfangs Jahr eine Steuererklärung für das letzte Jahr aus (wie viel hat man verdient, hat man eine Weiterbildung gemacht, wie viel Vermögen hat man, etc.) und auf Basis dieser muss man dann die Steuern bezahlen. Als Faustregel kann man davon ausgehen, dass man 1-2 Monatslöhne an Steuern bezahlen muss.

Noch wichtig zu wissen ist, dass alle Preise in Shops und Einkaufscentern bereits inkl. Mehrwertsteuer (MwSt.) angeschrieben sind.

Altersvorsorge

Die Altersvorsorge in der Schweiz basiert auf 3 Säulen. Die 1. Säule ist die Alters- und Hinterlassenenvorsorge kurz AHV. Diese bezahlt man mit einem Prozentualen Abzug auf den Lohn. Die Kasse wird vom Bund geführt, sie ist also staatlich geregelt. Die 2. Säule ist die Pensionskasse kurz PK. Auch diese wird mit einem Prozentsatz vom Lohn abgezogen. Ab dem 25. Lebensjahr ist die Pensionskasse Pflicht, man kann aber schon früher auf freiwilliger Basis einzahlen. Die 3. Säule ist die freiwillige private Vorsorge. Es gibt Banken und Versicherungen die eine solche Vorsorge anbieten. Zu unterscheiden ist die Säule 3a welche von den Steuern abgezogen werden kann, aber einen maximalen Betrag hat, welcher jährlich eingezahlt werden kann. Dann gibt es noch die Säule 3b, welche zusätzliches Sparen ermöglicht aber nicht von den Steuern abgezogen werden kann. Bei der 3. Säule muss man sich gut informieren wo man welche Bedingungen erhält.

Auto

Pro Kanton gibt es ein Strassenverkehrsamt, das zieht jährliche Steuern ein fürs Auto (Strassenverkehrsabgaben) und führt Motorfahrzeugkontrollen (Sicherheitsinspektionskontrollen) durch und gibt Nummernschildern und Fahrzeugscheine aus. Auch Fahrausweise werden vom Strassenverkehrsamt ausgestellt. Um auf den schweizer Autobahnen fahren zu dürfen, braucht man eine Autobahnvignette welche gut sichtbar an der Windschutzscheibe angebracht werden muss. Diese Autobahnvignette erhält man an vielen Orten, wie z.B. der Post oder an Tankstellen.

Recycling

Jeder Haushalt trennt den Müll sehr stark, die genaue Entsorgung ist aber in jeder Gemeinde wieder etwas anders geregelt.

  • Altpapier wird gebündelt und an bestimmten Datum kann diese an die Strasse gestellt werden und wird abgeholt
  • Karton kann je nachdem auch gebündelt werden und wird abgeholt oder muss in eine Sammelstelle gebracht werden
  • Alu, Glas können bei Sammelstellen der Gemeinde entsorgt werden. In der Sammelstelle selber wird das Glas nochmals nach Farben getrennt.
  • PET, PE, PP und andere Plastikbehälter werden bei den Verkaufsstellen zurück gebracht. Teils Gemeinden haben auch Sammelstellen
  • Batterien, Elektrosachen können in der Verkaufsstelle zurück gebracht werden.
  • Holz, Sperrmüll (z.B. alte Matratzen, Ski, etc.) können gegen Gebühren an bestimmten Orten entsorgt werden. Dies ist aber je nach Gemeinde sehr individuell geregelt.
  • Normaler Kehricht ist in den meisten Gemeinden Gebührenpflichtig und wird mit Gebührensäcken oder Klebern verrechnet. Ist auch je nach Gemeinde unterschiedlich

Viele Gemeinden haben einen Abfallkalender wo alles drin steht oder es steht im Gemeindeblatt. Es gibt aber auch Gemeinden die es nochmal anders handhaben. Der einfachste Weg ist sich bei der Wohngemeinde direkt zu informieren z.B. dann wenn man sich dort anmeldet.

Arbeitswelt

Vom Gesetz sind Minimum 4 Wochen bezahlte Ferien pro Jahr vorgegeben, einige Firmen geben aber freiwillig mehr. Jeder Kanton hat noch gesetzliche Feiertage, an welchen man bezahlt frei hat (z.B. in der ganzen Schweiz ist der 1. August, der Nationalfeiertag frei). Für besondere Anlässe erhält man auch frei, wie z.B. die Geburt des eigenen Kindes, die eigene Hochzeit, ein Todesfall eines nahen Verwandten. In welchem Fall man wie viel frei erhält ist in jedem Arbeitsvertrag bzw. von jedem Arbeitgeber individuell geregelt.

Bei Krankheit erhält man auch frei, muss aber ab einer gewissen Dauer eine ärztliche Bestätigung bringen. Üblich ist ab 3 Tagen, das ist aber auch individuell im Arbeitsvertrag geregelt. (Der Arbeitgeber darf auch ab dem ersten Tag ein Arztzeugnis verlangen.) Schwangere Frauen und Personen welche gesetzlichen Pflichten nachgehen (z.B. Militärdienst) haben bestimmte Rechte. Sie unterliegen in einer gewissen Zeit einem Kündigungsschutz und erhalten weiterhin mindestens 80% vom Lohn der durch die Erwerbsersatzordnung gedeckt ist. Die EO wird jedem Berufstätigen vom Lohn abgezogen.

Die Arbeitszeit bei einer 100% Stelle variiert je nach Job und Arbeitgeber und wird individuell im Arbeitsvertrag geregelt. Gesetzlich gilt ein Maximum von 45h oder 50h pro Woche je nach dem als was man arbeitet. Für jugendliche und schwangere gelten spezielle Gesetze welche diese Schützen (z.B. maximale Arbeitszeit und Ruhezeiten sind anders geregelt). Üblicherweise werden in der Schweiz zwischen 38,5 bis 42,5 Stunden pro Woche gearbeitet.

Der Lohn wird grundsätzlich monatlich ausbezahlt. Ob es einen 13ten Monatslohn, Bonus oder Gratifikation gibt ist individuell im Arbeitsvertrag geregelt und je nach Arbeitgeber unterschiedlich. Auch der Umgang mit Überstunden, ob diese wieder als Freizeit eingezogen werden können, diese ausgezahlt werden oder im Arbeitsvertrag enthalten sind ist im Arbeitsvertrag geregelt und unterschiedlich.